Lange Zeit waren sie der Öffentlichkeit unbekannt und fanden zumindest in der öffentlichen Meinung keinen Widerhall. Dennoch haben die jüngsten Nachrichten über den Abschuss eines Ballons seitens der US-Regierung sowie ähnliche Fällen in Kanada und anderen Ländern viele Fragen über diese Flugfahrzeuge aufgeworfen.
Ballon werden seit dem 18. Jh. für zahlreiche zivile und militärische Zwecke eingesetzt. Obwohl die heutige Technologie viele Alternativen bietet, sind sie für einige Verwendungszwecke noch immer die bevorzugte Option.
Zunächst einmal müssen wir verstehen, von welcher Art von Ballons die Rede ist. Es handelt sich nicht um Freizeit-Heißluftballons, die oft unsere Landschaften durchqueren, sondern um hochspezialisierte Ballons, die in beachtlichen Höhen operieren. Ausführlichere Informationen über diese Ballons gibt es auf folgenden Websites der NASA: Scientific Balloone und Columbia Scientific Balloon Facility
Diese Seiten enthalten eine Klassifizierung der Ballons, die für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt werden. Darin werden drei Hauptkategorien in Abhängigkeit von der Flugzeit erwähnt: konventionelle Ballons, Long-Duration Balloons (LDB) und Ultra-Long-Duration Balloons (ULDB). Die erste Kategorie bezeichnet Heißluftballons, die zu kommerziellen Zwecken oder Aktivitäten im Transport- oder Freizeitbereich eingesetzt werden und den meisten Menschen bekannt sind. In diesem Fall geht es jedoch um LDB und ULDB.
Ein LDB ist ein Ballon mit einer Flugdauer von ungefähr 3 Wochen. In dieser Zeit sind sie in der Lage, ganze Kontinente zu überqueren oder die Erde umrunden. Diese Ballons verwenden elektronische Systeme, die mithilfe von künstlichen Satelliten Daten kontrollieren und erfassen. Um als ULDB zu gelten, muss ein Ballon hingegen eine Flugkapazität von bis zu hundert Tagen vorweisen können. Diese Ballons haben eine kürbisähnliche Form und halten beträchtlichen Druckunterschieden stand.
Diese Spezialballons werden normalerweise für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt und sind allgemein auch unter dem Namen Stratosphärenballons bekannt. Sie können Nutzlasten in Höhen von bis zu 40 Kilometern transportieren, wo die Atmosphäre sehr dünn ist und die Schwerkraft zunehmend nachlässt. Auf diese Weise können wissenschaftliche Experimente durchgeführt werden, die am Boden nicht möglich wären oder deren Durchführung teurer als im Weltall wäre, um vergleichbare Bedingungen zu erreichen. Auch wenn es übertrieben klingen mag, müssen wir, um uns eine bessere Vorstellung dieser Höhe zu machen, wissen, dass sie praktisch einem Drittel der Höhe von künstlichen Satelliten entspricht, die in der niedrigen Erdumlaufbahn (Low Earth Orbit; LEO) verkehren. Diese Umlaufbahn beginnt ab 150 km über der Erdoberfläche und endet bei 2000 km. Innerhalb dieser Zone befinden sich die meisten Beobachtungssatelliten sowie die Internationale Raumstation und das Hubble-Weltraumteleskop.
Die NASA und andere Raumfahrtbehörden verwenden seit vielen Jahren wissenschaftliche Ballons zur Durchführung einer Vielzahl von Forschungsmissionen. Auf diesen Missionen werden unter anderem die Atmosphäre und das Klima auf der Erde erforscht, und es werden entfernte Planeten und Galaxien mithilfe von im Ballon installierter Teleskope beobachtet, die sich die leichtere und sauberere Atmosphäre zunutze machen (grob vergleichbar mit Observatorien in den Bergen). Tatsächlich sind wissenschaftliche Ballons eine preiswerte und flexible Alternative für konventionelle Satelliten, da sie größere, schwerere und komplexere Nutzlasten transportieren können.
Diese Ballons unterscheiden sich nicht nur in ihrer Flugdauer, sondern werden auch abhängig von den Wissenschaftsexperimenten klassifiziert, sie in ihnen stattfinden. Erneut Bezug nehmend auf die NASA gibt es folgende Ballontypen:
- Höhenballons: Diese sogenannten Wetterballons werden in der Regel von den meteorologischen Diensten verschiedener Länder eingesetzt. Sie werden zur Untersuchung der Erdatmosphäre, des Klimas und der Sonnenphysik verwendet. Diese Ballons können Nutzlasten von bis zu vier Tonnen in Höhen von bis zu 36 Kilometern transportieren, sodass Wissenschaftler die Atmosphäre und die meteorologischen Bedingungen der Erde aus einer einzigartigen Perspektive untersuchen können. Gewissen Quellen zufolge könnte es sich bei dem abgeschossenen chinesischen Ballon um einen solchen Höhenballon gehandelt haben.
- Zirkumpolare Ballons: Diese Ballons werden zur Erforschung der Polarregion der Atmosphäre und des Weltalls verwendet. Sie werden am Nordpol oder am Südpol gestartet und umkreisen den Pol mehrere Tage. In dieser Zeit können die Wissenschaftler die Nord- und Südlichter sowie das Klima in Polargebieten untersuchen, das bedeutende Auswirkungen auf das Klima unseres Planten insgesamt hat.
- Fernstreckenballons: Diese Ballons sind darauf ausgelegt, entfernte Regionen der Erde wie den Pazifischen Ozean oder die Arktis zu erforschen. Sie können über mehrere Tage mit Nutzlasten fliegen, die die Temperatur des Wassers, den Salzgehalt und Turbulenzen messen, um somit ozeanografische und meteorologische Studien in Regionen durchzuführen, in denen nur schwer Wetterstationen eingerichtet werden können.
- Teleskopballons: Diese Ballons werden verwendet, um optische oder elektronische Instrumente für astronomische Beobachtungen zu transportieren. Sie erreichen, wie zuvor erwähnt, Höhen von bis zu 40 Kilometern. Dank dieser Position können Wissenschaftler astronomische und astrophysische Studien aus einer besseren Perspektive als in entfernten Bergen durchführen, da Beeinträchtigungen durch die untere Atmosphäre und die Lichtverschmutzung entfallen. Neben herkömmlichen optischen Teleskopen können sie weitere Nutzlasten zur Messung der kosmischen Strahlung und zur Untersuchung des Aufbaus des Universums oder der Entstehung von Sternen und Galaxien transportieren.
Wissenschaftliche Ballons sind keine Neuheit. Sie sind seit Jahrzehnten ein wichtiges Hilfsmittel der wissenschaftlichen Forschung – von der Untersuchung der Atmosphäre und des Klimas der Erde bis hin zur Erforschung von entfernten Planeten und Galaxien. Aufgrund ihrer hohen Tragfähigkeit und geringen Startkosten lassen sie sich problemlos verschiedenen wissenschaftlichen Experimenten anpassen.
Zu den Speziallabors für diese Art von Ballons zählen die zu der NASA gehörigen Einrichtungen der Columbia Scientific Balloon Facility (CSBF). Hierbei handelt es sich um ein wissenschaftliches Forschungszentrum in New Mexico (USA), das sich mit Design, Konstruktion, Start und Betrieb von wissenschaftlichen Ballons für Untersuchungen der Atmosphäre und des Weltalls befasst.
Die CSBF ist eine Einrichtung der NASA und untersteht dem Goddard Space Flight Center. In der Einrichtung sind Personen unterschiedlicher Disziplinen beschäftigt, z. B. Ingenieure, Techniker und Wissenschaftler, und sie besitzt die weltweit größte und modernste Flotte wissenschaftlicher Ballons.
Die von der CSBF entwickelten und betriebenen wissenschaftlichen Ballons sind die bislang größten ihrer Art. Sie besitzen Nutzlastkapazitäten, die von wenigen hundert Kilogramm bis zu vier Tonnen reichen. Diese Ballons heben von einem eigens für diesen Zweck gebauten Startplatz ab, der die Sicherheit der Operation sowie eine leichte Wiedergewinnung der Nutzlasten nach dem Flug gewährleistet.
Ein ungewöhnliches Beispiel für die Verwendungszwecke dieser wissenschaftlichen Ballons und vor allem ihrer Vielseitigkeit ist das Projekt BITSE (Balloon-borne Investigation of Temperature and Speed of Electrons in the corona) Solar Scope der NASA, dessen Ziel die Untersuchung des äußeren Bereichs der Sonne, der sogenannten Sonnenkorona, ist.
Für das Projekt BITSE Solar Scope wird ein Höhenballon verwendet, um ein Spezialteleskop in eine Höhe von 36 Kilometern über der Erdoberfläche zu transportieren. Das Design des Teleskops ist darauf ausgerichtet, die Sonnenkorona zu untersuchen, d. h, der äußere und bislang weitestgehend unerforschte Bereich der Sonnenatmosphäre, in dem extrem hohe Temperaturen und Partikelgeschwindigkeiten erreicht werden. Das Teleskop kann die Temperatur und die Geschwindigkeit der Elektronen der Sonnenkorona mithilfe einer Technik namens Radiospektroskopie messen. Auf diese Weise werden Daten über die Energie und Hitze in der Korona sowie Sonnenstürme erfasst, die Auswirkungen auf die Erden haben können.
Seitdem die Brüder Montgolfier 1783 ihren ersten öffentlichen Flug in Paris absolviert haben, wurden die zivilen und militärischen Anwendungsbereiche dieser Flugfahrtzeuge immer weiter ausgedehnt. Sie waren ein Hilfsmittel für Forschungsmissionen, Beobachtungen, den Passagier- und Warentransport, Sportveranstaltungen, Spionage und in Kriegszeiten sogar für Bombadierungen … trotz dem Aufkommen moderner Flugzeuge, die sie in den Hintergrund gedrängt haben, bieten sie bis heute einen breiten Fächer an Anwendungsmöglichkeiten. Heißluftballons sind noch immer der Mittelpunkt von gut besuchten Sportveranstaltungen des 20. und 21. Jh., zum Beispiel des bereits in diesem Blog erwähnten Gordon-Bennett-Cups, an dem Félix Gómez-Guillamón teilgenommen hat (hier zum Artikel).
Doch zurück zum jüngsten Fall des abgeschlossenen chinesischen Ballons: Alle Ballons haben seit dem Tag ihrer Erfindung durch die Brüder Montgolfier und unabhängig ihres Verwendungszwecks eines gemeinsam – Ballons bewegen sich in etwa dorthin, wo der Wind sie trägt. Aus diesem Grund können aufgrund der mangelnden Kontrolle über die Route und unabhängig von der beabsichtigen Mission derartige Zwischenfälle auftreten.