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Moderne Luftmobilität. Paradigmenwechsel im Personenverkehr

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Carlos Gallego

AERTEC / Airport Operations

Der Personen- und Warentransport hat eine entscheidende Rolle in der Entwicklung der Menschheit gespielt. Es wurden wichtige Kommunikationswege zu Land, Wasser und Luft geschaffen, die die Globalisierung sowie eine drastische Reduzierung der Transportkosten und -dauer ermöglicht und begünstigt haben.

Parallel zum Bevölkerungswachstum hat sich auch die urbane Mobilität weiterentwickelt. Noch immer stellt sie eine wichtige Herausforderung dar: Nicht nur aufgrund der Odyssee, die die Durchquerung einer größeren Stadt in puncto Entfernung und Zeit mit sich bringt, sondern auch wegen den dadurch entstehenden umweltschädlichen Emissionen und der beeinträchtigten Lebensqualität der Einwohner.

Die moderne Luftmobilität (Movilidad Aérea Avanzada; MAA) wird in 3 bis 5 Jahren zur Realität. Obwohl auf der ganzen Welt zahlreiche Projekte in der Entwicklung sind, können die ersten Erfolgsgeschichten nur durch eine gemeinsame Initiative aller Interessengruppen entstehen.

Aus diesem Grund befasst sich ein Großteil der Organismen zunehmend mit der Verbesserung und Priorisierung der öffentlichen Verkehrsmittel, um den Personenverkehr in Privatfahrzeugen unattraktiv zu machen und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie klimaneutraler Fahrzeuge zu fördern.

Dieses Konzept wird von der Europäischen Kommission und der UNO in der Agenda 2030 und ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung unterstützt und von den verschiedenen Regierungen und staatlichen Einrichtungen vorangetrieben.

In diesem Sinne hat das spanische Institut für Diversifizierung und Energieeffizienz (Instituto para la Diversificación y Ahorro de Energía; IDEA) die „Pyramide der urbanen Mobilität“ entwickelt, um in der Bevölkerung Bewusstsein für die Bedeutung der Priorisierung der verschiedenen Transportmittel in Städten bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsinitiaven zu schaffen. Eine der Kernaussagen ist, dass die Mobilität in Städten wie folgt priorisiert werden muss:

  1. Fußgänger
  2. Radfahrer
  3. Öffentliche Verkehrsmittel
  4. Warentransport
  5. Gemeinsam genutzte Fahrzeuge
  6. Private Fahrzeuge

Derzeit lebt die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten (3500 Millionen Personen) und Schätzungen zufolge soll diese Zahl bis 2030 auf 5000 Millionen Personen anwachsen. Wenn wir zudem berücksichtigen, dass in Städten 75 % der CO2-Emissionen generiert werden (Studien zufolge sind mehr als 70 % dieser Emissionen auf den Bodentransport zurückzuführen), wird schnell klar, dass in den Städten bedeutende Verbesserungsspielräume für einen nachhaltigen Umgang mit unserem Planeten existieren.

Vor diesem Hintergrund entstand die Notwendigkeit der Einrichtung von HUBs (sogenannten Operationszentren), in denen alle öffentlichen Verkehrsmittel zusammenlaufen.

Die Vertiports sind ein Beispiel dieser Art von Hubs, an denen die vorhandenen und künftigen Nahverkehrsmittel für den Personen- und Warentransport verbunden und integriert werden sollen. Ventiports sind nicht nur Stationen für den Personennahverkehr, sondern werden auch als Anlagen für erneuerbare Energien, Datenverkehrszentren und für öffentliche Behörden betrachtet.

Städte auf der ganzen Welt, insbesondere dort, wo die Nachfrage nach Bauflächen zu einem explosionsartigen Anstieg der Preise geführt haben, stehen mit der Entstehung dieser Ventiports zusätzlichen Herausforderungen gegenüber. Sie werden die Konkurrenz um ohnehin bereits begrenzte Flächen zusätzlich verstärken.

Die Moderne Luftmobilität (Movilidad Aérea Avanzada; MAA) kann sich nur durchsetzen, wenn die Ventiports für die Benutzer von VTOL (Senkrechtstarts und -landungen) leicht erreichbar sind. Denn wenn ein MAA-Benutzer nach einem VTOL noch weite Strecken zu Fuß zurücklegen oder in ein anderes Verkehrsmittel umsteigen muss, wird er wahrscheinlich eher auf die traditionellen Transportmittel zurückgreifen.

Das ist einer der Gründe, warum ein möglichst dichtes Netzwerk an Ventiports mit einer hohen Zahl an Knotenpunkten geschaffen werden muss. Ein weiterer Grund ist die Notwendigkeit der Entwicklung von Optionen, in denen alle potenziellen Standorte dieser Knotenpunkte erwägt werden, damit die Benutzer Zugriff auf die MAA erhalten.

Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Standort in besonders dicht besiedelten Regionen zuteilwerden (Geschäftsviertel, Einkaufszentren, dicht besiedelte Wohnviertel etc.). In vielen dieser Gebiete gibt es nur ein begrenztes Flächenangebot, weshalb es nicht möglich ist, ausreichend Ventiports zu bauen. In solchen Fällen können sie auf Dächern oder auf Hochbaustrukturen in den Straßen oder sogar auf Plattformen auf Wasserflächen angedacht werden.

Das MAA-Netzwerk kann zudem mit Ventiports an entfernteren Orten erweitert werden, an denen weniger Flächendruck herrscht, um einen breiteren Fächer an Dienstleistungen anzubieten.

Ventiports haben einen deutlich geringeren Einfluss auf die Landschaft und die Umwelt als herkömmliche Infrastrukturen wie Straßen, Eisenbahn, Wasserstraßen, Kanäle, Rohre und Terminals wie Flughäfen, Bahnhöfe, Busstationen und Häfen.

Angesichts der Kapazität zur Absorption der aktuellen Funktionen des Waren- und Personenverkehrs mittels traditioneller, von fossilen Brennstoffen abhängiger Transportmittel bestehen keine Zweifel daran, dass der Markt für den innerstädtischen Waren- und Personenverkehr mit eVTOL in jedem Augenblick wortwörtlich abhebt.

Man geht davon aus, dass die Kosten für diese Art von Lufttransport mit der Zeit spürbar sinken werden, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Es wird erwartet, dass diese Flugtaxis autonom sein werden.
  • Geringerer Energieverbrauch im Vergleich zum Verkehr auf Rädern, da gradlinigere Strecken bei konstanter Geschwindigkeit zurückgelegt werden können.
  • Niedrigere Energiekosten für den Antrieb der Luftfahrzeuge. VTOL gibt es mit verschiedenen Antriebssystemen, von Hybridsystemen mit traditionellen Verbrennermotoren oder Gasturbinen mit Elektromotoren bis hin zu rein elektrischen Lösungen.

Die Akzeptanz der Gesellschaft und das Vertrauen der zukünftigen MAA-Benutzer stellen große Herausforderungen dar, zum einen weil die MAA-Dienste für die Kunden eine Neuheit sind und zum anderen weil VTOL-Fahrzeuge immer auf öffentlichen Straßen verkehren. EASA und AIRBUS haben aus diesem Grund eine umfassende Untersuchung der gesellschaftlichen Akzeptanz des MAA-Betriebs durchgeführt, in der die Einstellungen, Erwartungen und Bedenken der Bürger analysiert wurden, die bei der Entwicklung entsprechender Geschäftsmodelle und Betriebskonzepte berücksichtigt werden müssen.

Es stellen sich folgende zentrale Herausforderungen:

  • Umweltherausforderungen: Auswirkungen auf die Vogelwelt, Lärmbelästigung, Energieverbrauch und visuelle Auswirkungen.
  • Sicherheitstechnische Herausforderungen: Risiko von Zusammenstößen mit Vögeln, Meteorologie, Luftverkehrsraum, Design der Fluggeräte, Richtlinien und Vorschriften, CCTV-Überwachungssysteme, biometrische Erkennung und Scans der Passagiere, (Ciber-)Sicherheit und Brandbekämpfung.
  • Dienstleistungsbezogene Herausforderungen: Komfort (reibungsloses Erlebnis, das nicht nur Zeit spart, sondern auch die Unangenehmlichkeiten anderer Transportmittel vermeidet), Zuverlässigkeit, Exklusivität, erweiterte Anbindungsmöglichkeiten, Preis-Leistungs-Verhältnis.

Diese Herausforderungen können durch Aufklärung, die Durchführung von Pilotprojekten und Vorführungen von MMA sowie einer transparenten Kommunikation aller Informationen und einem anhaltenden Dialog mit der Bevölkerung und den lokalen Interessengruppen erfolgreich gemeistert werden.

Durch die Integration der MAA in die verschiedenen intermodalen Reservierungsplattformen können die Kunden unterbrechungsfreie Reisen mit nur einem Klick reservieren. Die Benutzer können von einem VTC-Dienst abgeholt und an einen Ventiport gebracht werden. Anschließend fliegen sie in einem VTOL zu einem Ventiport in der Nähe ihres Bestimmungsorts.

In ähnlicher Weise kann ein Benutzer verschiedener öffentlicher Verkehrsmittel eine S-Bahn zu einem nahe gelegenen Ventiport nehmen, in einen interstädtischen VTOL umsteigen, der ihn in die Stadt bringt, und schließlich einen VTC zu seinem Zielort nutzen. Über eine zentrale App auf seinem Smartphone ist er jederzeit über die ihm zur Verfügung stehenden Optionen und Alternativen, falls eines der Verkehrsmittel eine Verspätung hat, sowie über die Zahlungsmöglichkeiten und Verfügbarkeit von Tickets informiert.

Wir leben in einer spannenden Ära und die Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie wollen die Revolution und den Paradigmenwechsel der MAA mitbestimmen. Obwohl auf der ganzen Welt zahlreiche Projekte in der Entwicklung sind, können die ersten Erfolgsgeschichten nur durch eine gemeinsame Initiative aller Interessengruppen entstehen. Von den größten Entwicklungssprüngen bei der MAA werden jene Märkte profitieren, in denen folgende Faktoren zusammenfließen:

  • Ideale Nachfragebedingungen, d. h. Orte mit anhaltenden Verkehrsproblemen oder schlechter Anbindung, potenziell finanzkräftigen Benutzern und der Bereitschaft zur Nutzung neuer Technologien.
  • Proaktive Behörden, die Forschung und Entwicklung, die Durchführung von Pilotprojekten, die Entwicklung und Umsetzung besonderer Vorschriften, die den Bedürfnissen der MAA gerecht werden, und die Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen aller Ebenen (supranational, national, regional und lokal) unterstützen.

Alles deutet darauf hin, dass die Ventiports relativ schnell an Popularität gewinnen werden, sobald erst einmal die bürokratischen Hürden überwunden sind. Vor diesen Gesichtspunkt wird erwartet, dass die moderne Luftmobilität in Europa bereits in 3 bis 5 Jahren zur Realität wird, sofern neue Technologien wie Elektroantriebe entwickelt und die Speicherkapazität von Batterien verbessert werden, um Anwendung in Systemen für vertikale Starts und Landungen zu finden.

Uns stellt sich nur noch die Frage: Welche Rolle werden wir in diesem Wandel spielen?

 

Advanced Air Mobility AAM

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