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Überschallflgzeuge … Hat die Concorde einen Nachfolger?

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José Luis Periañez

AERTEC / Aerospace engineering

Erinnern Sie sich noch an die Concorde? Vielleicht haben jüngere Jahrgänge noch eine vage Erinnerung an das Flugzeug, das Ende des 20. Jh. Jung und Alt faszinierte. Ich persönlich erinnere mich noch, als ich im Februar 1999 voller Spannung die Gelegenheit hatte, sie während Tests am SVQ (Flughafen Sevilla) mit eigenen Augen zu sehen.

Falls Ihnen der Name nichts sagt: Die Concorde war ein Passagierflugzeug, das Überschallgeschwindigkeit erreichen konnte.

Die Concorde war ein in vielerlei Hinsicht innovatives Flugzeug, das der Luftfahrt zahlreiche große Momente beschert hat. Viele der Argumente, die für die Technik sprachen, spielen heutzutage in dem Sektor jedoch keine Rolle mehr.

Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was Überschallgeschwindigkeit ist. Vielleicht haben Sie davon schon einmal gehört, ohne zu wissen, worum es sich genau handelt. Es bedeutet, dass die Schallgeschwindigkeit überschritten wird, also schneller als 1.235,52 km/h. Das entspräche drei Hin- und Rückflügen zwischen Frankfurt und Stuttgart in nur einer Stunde. Oder ein Flug von Paris nach London in zwanzig Minuten. Es ist einfach der pure Wahnsinn!

Um die Geschichte dieser Art von Flügen kennenzulernen, muss man bis ins Jahr 1947 zurückblicken, in dem der erste bemannte Flug mit Überschallgeschwindigkeit mit dem Modell Bell X-1 durchgeführt wurde. Seither hat die Menschheit mehrere Flugzeuge gebaut, die diesen Meilenstein sogar noch übertroffen haben, wobei die Lockheed SR-71, auch bekannt unter dem Namen „Blackbird“, der größte Erfolg war. Sie erreichte eine Geschwindigkeit von fast Mach 3, also die dreifache Schallgeschwindigkeit. Gerüchten zufolge war sie jedoch zu noch weit höheren Geschwindigkeiten imstande, allerdings sind die Informationen zu diesem Militärprojekt noch immer unter Verschluss.

Zum Ende der Fünfziger-Jahre hin begann ein weltweiter Wettlauf zur Entwicklung eines Überschallgeschwindigkeit erreichenden Passagierflugzeuges, aus dem sich sogar ein Kampf um das nationale Ansehen der beteiligten Staaten entwickelte. Nicht von ungefähr waren denn auch die für diese Projekte bereitgestellten staatlichen Subventionen beträchtlich. In den USA vertraute man auf die Entwicklungen der beiden Unternehmen Lockheed Martin (Modell L2000) und Boeing (Modell 2707). In Europa setzte Frankreich auf das Modell Caravele des französischen Luftfahrtunternehmens Sud Aviation und in Großbritannien konzentrierte man sich auf das Modell 233 des britischen Flugzeugherstellers Bristol Aeroplane Company. Zu guter Letzt beteiligte sich auch die Sowjetunion an dem Wettlauf und setzte dabei auf die Tupolev Tu-144.

Was Frankreich und Großbritannien angeht, kam es zum Abschluss eines strategischen Abkommens mit dem Ziel, die Kräfte zusammenzuführen und gemeinsam an der Entwicklung der „Concorde“ (übersetzt lautet der Name denn auch Eintracht) zu arbeiten. In diesem Zusammenhang und auf staatlichen Druck hin kam es in beiden Ländern zu einer ganzen Reihe von Firmenzusammenschlüssen. In Großbritannien entstand so die British Aircraft Corporation (hervorgegangen aus der Fusion von English Electric, Vickers-Armstrong, Bristol Aeroplane Company und Hunting Aircraft) und in Frankreich das Unternehmen Aerospatiale (hervorgegangen aus der Fusion von Sud Aviation, Nord Aviation und der Société d’études et de réalisation d’engins balistiques, SÉREB).

Während sich die US-Unternehmen geschlagen gaben und damit das Projekt aufgaben, setzte die Sowjetunion die Entwicklung fort und die Tu-144 startete am 31. Dezember des Jahres 1968 zu ihrem Erstflug, sogar noch einige Monate vor der Concorde. Allerdings stellte sich kein wirtschaftlicher Erfolg ein und Flüge fanden nicht regelmäßig statt, was der begrenzten Reichweite und den hohen Instandhaltungskosten geschuldet war.

Doch zurück zu den Passagierflügen und unserer geliebten Concorde: Im Grunde war sie das einzige Verkehrsflugzeug mit der Fähigkeit, die Schallgeschwindigkeit zu überschreiten, und die ihren Auftrag tatsächlich erfüllte. Sie wurde 2003 nach einem tragischen Unfall während eines Starts drei Jahre zuvor außer Betrieb genommen. Obwohl es letztlich dieses Ereignis war, das zum Ende ihrer Betriebsdauer geführt hat, gab es noch viele weitere Gründe, aus denen die Flüge mit dieser Maschine eingestellt wurden.

Dazu zählen vor allem der ohrenbetäubende Lärm der Motoren, die Umweltverschmutzung und die hohen Instandhaltungskosten. Die Maschine wurde in einigen Teilen der USA sogar verboten, weil der Lärm beim Start als unerträglich empfunden wurde. Böse Zungen behaupten, dass mit der Schikane und dem Verbot seitens des großen Bruders das Projekts unterwandert werden sollten, weil die Amerikaner selbst nicht über ein Flugzeug dieser Charakteristika verfügten.

Aus kommerzieller Sicht war einer der größten Nachteile, dass sich damals nur ein kleiner erlesener Teil der Gesellschaft den Luxus eines Hin- und Rückflugs im Wert von 10.000 Dollar leisten konnte. Ein echtes Schnäppchen also. Gleichwohl war einer der größten Vorteile der Concorde die Geschwindigkeit, mit der sie ihr Ziel erreichen konnte. Ein Flug von London nach New York in etwas mehr als drei Stunden entsprach im Vergleich zu den acht Stunden eines gewöhnlichen Flugzeugs einem Wimpernschlag. Ein Luxus, den sich nur die Wohlhabenden der damaligen Zeit leisten konnten.

Würde es Sinn machen, neue Überschallflugzeuge zu bauen?

Nein, definitiv nicht. Wenn wir die Entwicklung des Luftverkehrs und die Erwartungen der Luftfahrtindustrie betrachten, stellen wir unschwer fest, dass einer der wichtigsten Faktoren die immer strengeren Umweltauflagen sind. In diesem Sinne ist es leicht verständlich, dass solche Flugzeugtypen nur eingeschränkt verwendet werden würden.

Darüber hinaus steht die aktuelle konservative Wirtschaftspolitik in der Welt im krassen Gegensatz zu der herrschenden Verschwendungssucht während des anfänglichen Booms der Überschallflugzeuge. Es war eine Zeit, in der alle technologische Quantensprünge vollführen wollten – egal zu welchem Preis. Die kontinuierliche Optimierung des Flugverkehrs zur Erzielung größtmöglicher Renditen mit gleichzeitig minimalen Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft machen einen Weiterbetrieb dieser Flugzeuge unmöglich.

Nichtsdestotrotz setzen weltweit ein Handvoll Unternehmen weiter auf diesen Flugzeugtyp und seine Entwicklung. Leider reihen sich ihre Abenteuer bislang in die lange Liste von Flugzeugen, die in den siebziger Jahren nie über den Prototypen hinaus gekommen sind.

So auch das im Titel dieses Artikels erwähnte Modell namens AS2. Im Gegensatz zum vorigen Jahrhundert konzentrieren sich diese Flugzeuge auf einen Nischenmarkt, der seit dem Fall der Concorde noch kleiner geworden ist. Das heißt, dass sich diese Unternehmen anstelle von Passagierflugzeugen für kommerzielle Flüge mit der Entwicklung von Privatflugzeugen beschäftigen.

Aerion, das Unternehmen, das an der Entwicklung der AS2 arbeitet, musste Mitte des Jahres 2021 mitteilen, dass das Projekt aufgrund fehlender finanzieller Mittel eingestellt wird. Offenbar konnte nicht einmal die enge Partnerschaft mit der NASA, die an der Wiederbelebung von Überschallflügen sehr interessiert ist, dieses ehrgeizige Projekt retten.

Derzeit liegen die Prioritäten der Luftfahrtindustrie einfach in der Verbesserung der Effizienz der Flugzeuge, der Reduktion der CO2-Emissionen und allgemein der Entwicklung einer nachhaltigeren Luftfahrt. Geschwindigkeit allein stellt zurzeit kein erstrebenswertes Ziel dar, vor allem, wenn sie nicht mit angemessenen Absatzerwartungen einhergeht.

Was Passagierflugzeuge für Überschallflüge anbelangt scheint dieser Sektor seine besten Zeiten bereits erlebt zu haben.

 

Concorde

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