Interview mit Bart Biebuyck, FCH JU

"Wasserstoff wird eine Schlüsselrolle bei der Umwandlung des Luftverkehrs in ein kohlenstofffreies System in den kommenden Jahrzehnten spielen.

 

Bart Biebuyck, FCH JU

Bart Biebuyck ist Exekutivdirektor des Gemeinsamen Unternehmens "Brennstoffzellen und Wasserstoff" (FCH JU). (1)

Zeile

Das Gemeinsame Unternehmen Brennstoffzellen und Wasserstoff (FCH JU) arbeitet daran, die Einführung dieser Technologien in Europa auf der Grundlage ihres Potenzials für ein kohlenstofffreies Energiesystem zu erleichtern. Wie werden die Wasserstofftechnologien auf dem europäischen Markt umgesetzt und was sind ihre wichtigsten Vorteile?

In den vergangenen zwölf Jahren hat das FCH JU umfangreiche Versuchs- und Forschungsprojekte finanziert, um die Marktfähigkeit und Kommerzialisierung von Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologien zu verbessern. In dieser Zeit ist der europäische Markt beträchtlich gewachsen, und wir haben eine führende Position bei Elektrolyseuren, Wasserstofftankstellen sowie Brennstoffzellenzügen und -bussen erlangt. Auch für andere Anwendungen, wie Mikro-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, besteht eine wachsende Nachfrage. Diese innovativen Technologien werden Europa in die Lage versetzen, die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in viele Sektoren zu integrieren, die bisher nur schwer zu dekarbonisieren waren. Der billigere, robustere und effizientere Elektrolyseur wird die Herstellung von grünem Wasserstoff ermöglichen, der als industrieller Rohstoff verwendet werden kann, um Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen zu ersetzen, oder um den Bedarf an Hochtemperaturwärme anstelle von Erdgas, Heizöl oder sogar Kohle mit den damit verbundenen Emissionen zu decken. Der Einsatz von Brennstoffzellen wird den Endnutzern im Verkehrswesen eine emissionsfreie Lösung bieten, ohne die Leistung ihrer Fahrzeuge (z. B. in Bezug auf Reichweite und Betankungszeit) zu beeinträchtigen, und zwar sowohl für Pkw als auch für schwere Nutzfahrzeuge.

 

Wie die Europäische Kommission feststellt, wird das Potenzial des Wasserstoffantriebs zur Verringerung der Klimaauswirkungen der Dekarbonisierung des Luftverkehrs bis 2050 unterschätzt. Was sind bisher die wichtigsten Schritte, die der Luftfahrtsektor in Bezug auf Wasserstofftechnologien unternommen hat, um dieser neuen Herausforderung zu begegnen?

Gemeinsam mit dem Gemeinsamen Unternehmen Clean Sky 2 haben wir kürzlich eine unabhängige Studie in Auftrag gegeben (siehe hier) die sich mit der entscheidenden Rolle befasst, die innovative Wasserstofftechnologien bei der "Dekarbonisierung" des Luftfahrtsektors spielen können.

Eine der eindeutigen Schlussfolgerungen der Studie war, dass Wasserstoff eine Schlüsselrolle bei der Umwandlung der Luftfahrt in ein kohlenstofffreies System in den kommenden Jahrzehnten spielen wird. Wasserstoff als primäre Energiequelle für den Antrieb, sei es für Brennstoffzellen, die direkte Verbrennung in Wärmekraftmaschinen (Gasturbinen) oder als Baustein für synthetische Flüssigkraftstoffe, könnte Flugzeuge antreiben, die ab 2035 auf Kurzstrecken eingesetzt werden. Vor kurzem haben die ersten Flüge mit Wasserstoffantrieb stattgefunden.

Die Luftfahrtindustrie hat das enorme Potenzial des Wasserstoffantriebs zur Verringerung der Klimaauswirkungen der Luftfahrt erkannt und investiert verstärkt in die Weiterentwicklung dieser Technologien. Die Elektrifizierung des Flugzeugantriebs ist ein klarer Markttrend. Obwohl sich die Batterietechnologie in den letzten 20 Jahren erheblich verbessert hat, weisen Batterien eine geringe gravimetrische Energiedichte auf, so dass Wasserstoff und Brennstoffzellen die natürliche Alternative für künftige elektrische Antriebe sind.

Einzelne Bemühungen von Unternehmen wie Zeroavia oder Airbus haben ebenfalls das erhebliche Potenzial von Wasserstoff bestätigt.

 

Die Forschung spielt eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, das volle Potenzial der Wasserstofftechnologien im Luftfahrtsektor auszuschöpfen. Was können Sie uns über den aktuellen Forschungs- und Innovationsfahrplan und die Hauptschwerpunkte sagen?

Im Großen und Ganzen gibt es vier Hauptforschungsbereiche, die erhebliche Forschungs- und Entwicklungsarbeit erfordern, bevor der Wasserstoffantrieb in der Luftfahrt Realität wird. Erstens müssen wir leichte Speichersysteme für flüssigen Wasserstoff entwickeln, die in Flugzeuge integriert werden können, einschließlich Verdampfungssystemen, die es ermöglichen, Wasserstoff in gasförmigem Zustand einzuspritzen. Zweitens wurde die Notwendigkeit erkannt, Brennstoffzellen mit einer Leistung von mehr als 1,5 MW zu entwickeln, die die Anforderungen der Industrie an die Energiedichte erfüllen. Darüber hinaus müssen für größere Flugzeuge Wasserstoffturbinen mit geringen Stickoxidemissionen weiterentwickelt werden. Und schließlich muss die gesamte Flüssigwasserstoff-Infrastruktur am Boden optimiert werden. All diese Forschungsbereiche müssen durch einen angemessenen Rechtsrahmen, einschließlich bestehender Vorschriften und Normen, ergänzt werden, damit diese Technologien auf europäischer und internationaler Ebene besser genutzt werden können. Branchenexperten schätzen, dass es 10 bis 15 Jahre dauern wird, bis diese großen Durchbrüche erzielt werden, weshalb die Forschung jetzt beginnen muss.

 

Wasserstofftechnologien erfordern eine erhebliche Entwicklung der Brennstoffzellen- und Flüssigwasserstofftanktechnologie, Investitionen in die Wasserstoffflotte und -infrastruktur sowie einen langfristigen politischen Rahmen. Ist der Luftfahrtsektor bereit, den Wandel zu beginnen?

Wasserstoff und Brennstoffzellen sind im Luftfahrtsektor nicht neu. Es wurden bereits viele erfolgreiche Tests und Entwicklungen durchgeführt. Der kürzlich verabschiedete Europäische Grüne Pakt hat ehrgeizige Ziele für die Emissionsreduzierung bis 2030 festgelegt und fordert letztlich die Klimaneutralität in allen Sektoren (nicht nur in der Luftfahrt) bis 2050 in Europa. Die Kosten für die Herstellung von sauberem Wasserstoff sind in den letzten Jahren dank billigerem Strom aus erneuerbaren Energien und größerer und billigerer Produktionstechnologie gesunken. Gleichzeitig hat die Leistung von Brennstoffzellen in Bezug auf Haltbarkeit, Kapazität und Kosten einen großen Schritt nach vorn gemacht. Die Entwickler von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie sind bereit, Hand in Hand mit dem Luftfahrtsektor zu arbeiten, um die notwendigen Komponenten zu entwerfen, zu testen und zu produzieren und die emissionsfreie Luftfahrt zur täglichen Realität werden zu lassen. Damit sich alle Teile des Puzzles zusammenfügen, ist ein starker politischer Wille in Verbindung mit einer Führungsrolle der Industrie erforderlich. Es bleibt noch viel zu tun, aber diese Chance müssen wir jetzt ergreifen.

 

Airbus hat vor kurzem drei Konzepte für wasserstoffbetriebene Flugzeuge vorgestellt und nimmt damit eine Vorreiterrolle bei der Umstellung auf Wasserstoff ein. Ist dies der notwendige Anreiz, um die potenzielle Nutzung von Wasserstoff in der Luftfahrt zu fördern?

Airbus hat vor kurzem sein Engagement für die Dekarbonisierung des gesamten Luftfahrtsektors angekündigt, und seine Ankündigung mehrerer wasserstoffbasierter Flugzeuge hat bestätigt, was unsere Studie bereits vorweggenommen hatte. Neben den konzeptionellen Plänen von Airbus kommen auch der Zeroavia-Flugversuch, die erst vor wenigen Wochen angekündigten Pläne Frankreichs, 15 Milliarden Euro in die Luft- und Raumfahrtindustrie zu investieren, und die europäische Wasserstoffstrategie alle zu demselben Schluss: Wasserstoff als Energie für die Luftfahrt könnte eine praktikable und erschwingliche Lösung sein und die Auswirkungen des Fliegens auf das Klima erheblich verringern, allerdings nur, wenn die richtige Unterstützung für Forschung und Entwicklung und den Luftfahrtsektor bereits vorhanden ist. Um unsere kühnen Visionen vom emissionsfreien Fliegen zu verwirklichen, haben wir einen spannenden Weg vor uns.

Zeile

(1) Die Gemeinsames Unternehmen "Brennstoffzellen und Wasserstoff" (FCH JU) ist eine einzigartige öffentlich-private Partnerschaft zur Unterstützung von Forschung, technologischer Entwicklung und Demonstration (FTE) im Bereich der Wasserstoffenergie und der Brennstoffzellentechnologie in Europa. Ihr Ziel ist es, die Markteinführung dieser Technologien zu beschleunigen und ihr Potenzial als Instrument zur Verwirklichung eines kohlenstofffreien Energiesystems zu erkennen. Die drei Mitglieder des Gemeinsamen Unternehmens FCH sind: die Europäische Kommission, die Brennstoffzellen- und Wasserstoffindustrie, vertreten durch Hydrogen Europe, und die Forschungsgemeinschaft, vertreten durch Hydrogen Europe Research.

 

Teilen Sie

Nachrichten aus dem Sektor

19/05/2025

AERTEC baut seine Präsenz im Nahen Osten aus

19/05/2025

El impacto real de la Movilidad Aérea Avanzada

19/05/2025

El modelo APP en aeropuertos: colaboración para un desarrollo eficiente y sostenible

19/05/2025

Claves en la aerodinámica de misiles

19/05/2025

Simulación Integral de Sistemas Optoelectrónicos Complejos

19/05/2025

Sistemas UAS de propulsión híbrida

Kontakt